«Machen wir die Jungen fit für die Zukunft?»

Autor

01. Juli 2024

New Work Expertin Steffi Burkhart erklärt im Interview, was die Gen Z von der Arbeitswelt erwartet – und wie Arbeitgeber darauf reagieren können.

Das Interview läuft per Video; so passt es besser in den Terminkalender der sehr gefragten Rednerin. Frau Dr. Burkhart möchte mit «du» angesprochen werden. Also führen wir das Gespräch in Du-Form.

Lorem ipsum dolor sit amet, consetetur sadipscing elitr, sed diam nonumy eirmod tempor invidunt ut labore et dolore magna aliquyam erat, sed diam voluptua.

Steffi, was unterscheidet die Generationen Y und Z von den Babyboomern?

Nun, zum Beispiel: Anders als viele aus der Generation unserer Eltern leben wir keine klassische Drei-PhasenBiografie, bestehend aus Ausbildung, Arbeitsleben und Pensionsalter. Wir haben Zickzack-Lebensläufe. Wir pendeln zwischen Vollzeitanstellung, Selbstständigkeit, Teilzeitanstellung, Sabbatical und Auslandsaufenthalt.

Vermutlich werden wir, die Generation Y, achtmal unseren Job wechseln und häufig auch die Branche, ob wir wollen oder nicht. Davon geht das World Economic Forum aus. Das wird ein Marathon! Eine zentrale Fähigkeit der Zukunft wird deshalb «Employability» sein, die Fähigkeit, im Arbeits- und Berufsleben zu bestehen. Wir sollten junge Menschen besser auf eine Wirklichkeit vorbereiten, die volatil, unsicher, komplex und mehrdeutig wird, die sogenannte V.U.K.A.-Realität. Und auch die nächste Phase ihrer Biografie muss bedacht werden, die Erwerbsbiografie der dann über 50-Jährigen – diese Phase wird besonders von beruflichen Brüchen geprägt sein. Sie werden also ständig dazulernen müssen. Der höhere Bedarf an Lernzeit wird wiederum die verfügbare Arbeitszeit beeinflussen, doch damit beschäftigen sich derzeit erst wenige Organisationen.

Die heutigen Eltern geben gern Ratschläge wie: «Mach Abitur, gehe studieren, dann hast du einen sicheren Job fürs Leben.» Solche Sprüche sind zwar gut gemeint, haben aber mit der Lebensrealität junger Menschen nichts mehr zu tun. Wir müssen den Jungen Orientierung geben! Aber tun wir das? Machen wir sie fit für die Zukunft?

Die Babyboomer hatten Glück – sie verbrachten ihre Jugend in einer recht sicheren Zeit. Die Jungen von heute leben in einer Welt der Unsicherheit. Haben sie deshalb andere Ängste, andere Risiken?

Jede Generation hat ihre Ängste, Sorgen und Herausforderungen. Wir sollten auch die Befürchtungen der jüngeren Generationen ernst nehmen. Über eines ihrer Risiken sprachen wir schon – das Risiko, in der Arbeitswelt zu bestehen. Eine weitere Befürchtung der Jungen lautet: Werden wir dereinst noch eine Rente bekommen? Wird es das System der Altersvorsorge noch geben.

Viel gefragte Rednerin – Burkhart bei einem Auftritt.

Kehren wir noch einmal zurück in die Arbeitswelt von morgen: Wie wird diese, sagen wir in zwölf Jahren, aussehen?

Im Jahr 2035 werden die Generationen Z und Alpha nicht mehr einfach Arbeitskraft gegen Geld tauschen. Und sie werden auch nicht mehr nur einen Arbeitgeber haben, egal ob das McKinsey ist oder die SBB. Wir werden flexiblere Arbeitsmodelle erleben, und ich vermute: Das klassische Arbeitgeber-ArbeitnehmerVerhältnis wird ein Randmodell.

Darüber hinaus werden wir künftig von vier Orten sprechen, an denen Menschen arbeiten: First Place ist das Homeoffice, Second Place die Arbeitsstätte, Third Place wäre überall sonst, wo gearbeitet werden kann. Und der Fourth Place of Work ist der virtuelle Raum, das dreidimensionale Internet, das derzeit entsteht. Diese vier Orte müssen die Arbeitgeber in Zukunft miteinander verknüpfen, um Menschen eine optimale Arbeitsgrundlage zu bieten.Diese zunehmende Flexibilität von Arbeitsmodellen, von Arbeitszeit und Arbeitsort setzt eine hohe Resilienz voraus, eine gute menschliche Intelligenz. Unternehmen bleibt hier nichts anderes übrig, als diese Kompetenzen mit zu schulen, um Menschen auf diese Realität der Zukunft gut vorzubereiten

««Nicht nur die Ältesten sind einsam, die Generation Z ist 
es ebenfalls.»»

- Steffi Burkhart

Mit der Individualisierung und dem Aufweichen gesellschaftlicher Normen wird aber auch die Einsamkeit wachsen. Das spüren wir jetzt schon. Der Wunsch nach «Community», nach Gemeinschaft, nach echten Begegnungen und Zugehörigkeit wächst. Studien von Harvard zeigen: Nicht nur die Ältesten sind einsam, die Generation Z ist es ebenfalls – obwohl sie digital vernetzt ist. Und auch dieser Trend wird die Arbeitswelt verändern. Wir werden Begegnungsstätten schaffen müssen, eine neue Form der Gemeinschaft.Wir werden in Organisationen einen Shift erleben von einer Community hin zur Care Unity – zur Erfüllung in der Zuwendung zu anderen.

Du hast zwölf Jahre lang Leistungssport gemacht. Was hast du mitgenommen? Was gibst du an Unternehmen und ihre Führungskräfte weiter?

Eines habe ich im Sport gelernt: mentale Stärke aufzubauen, den Zustand der Psyche zu kontrollieren. Mental Health, ein Thema, das auch für junge Menschen wichtig geworden ist. In der zunehmend unsicheren Wirtschaftswelt wird künftig genau dies die sehr guten Unternehmen von den guten unterscheiden: Schauen Mitarbeitende und Kader auf ihre Gefühle? Zeigen sie Willenskraft? Wie gehen sie mit Erfolg und Niederlage um? Alle diese Dinge passieren im Kopf. Führungskräfte sollten überlegen: Wie können wir die Mitarbeitenden mental unterstützen? «Bei uns gibt’s jetzt auch einen Obstkorb, wir haben Kurse für Nordic Walking und gegen das Rauchen» – das reicht nicht mehr! Was die Gesundheit angeht, stehen heute die psychosozialen Komponenten im Fokus.

Zur Person

Dr. Steffi Burkhart, geboren 1985, ist Expertin für New Work, für Change- und Talent-Management sowie für die Generationen Y und Z. Sie gehört selbst zur Generation Y. 2013 promovierte sie im Bereich Gesundheits-psychologie.

Macht sich stark für die Generationen Y und Z: Dr. Steffi Burkhart

Und was lässt sich gegen die schlechten Gefühle bei einer Niederlage tun? In der Dokumentarserie «Break Point» sieht man, wie Tennis-Champions auf dem Platz in Sekunden zusammenbrechen, wenn es gerade nicht so läuft. Wie arbeitet man dagegen an?

Das Wichtige in schwierigen Situationen ist die innere Ruhe. Man muss mit sich reden! Manager spüren die extreme Unbeständigkeit im Business natürlich auch. Von allen Seiten kommt wer und zerrt an ihnen. Was hilft: in seiner Mitte zu bleiben. Wie schafft man das? Indem man lernt, sich selbst zu führen. Aber haben die Topmanager das gelernt?

Es herrscht Fachkräftemangel, das ist eine grosse Sorge in Unternehmen. Welche weiteren Schmerzpunkte und Risiken haben Führungs-kräfte in Bezug auf die Personalsituation?

Die Generation Z ist aktuell die jüngste Generation auf dem Arbeitsmarkt. Die hat ungewohnte Glaubenssätze, andere Werte und Gewohnheiten. Das Anderssein beginnt bei Fragen wie: Was ist Erfolg für mich? Was bedeutet Karriere? Was ist wirklich sinnvoll? Und was will ich mit meiner begrenzten Lebens- und Arbeitszeit anstellen? Welchen positiven Impact kann ich mit meinem Tun bewirken?Wer in den nächsten zwei Jahrzehnten erfolgreiche Unternehmen und Teams entwickeln und weiterentwickeln will, muss auf neue intrinsische Motivatoren setzen wie einen positiven Impact, Community und Potenzialentfaltung. Es gilt Umgebungen zu kreieren, in denen Menschen sehr subjektiv und individuell Sinn erleben. Die einen benötigen dafür beispielsweise eine Antwort auf die Frage nach dem positiven Einfluss. Darauf, welchen Beitrag die jeweilige Organisation in der Gesellschaft und in der Welt leistet. Andere dagegen suchen nach einer starken intakten Gemeinschaft. Und wieder andere wollen sich permanent weiterentwickeln und suchen stets die Herausforderung.